Kann Kreativität ein Ende haben?
Viele scheitern am Wörtchen „Ende“. Einen Text, einen Roman zu schreiben ist eine Sache. Eine zweite ist es, zu sagen: „Du bist fertig.“ Genau darum geht es in diesem Artikel. Ein Schreibprojekt abschließen.
Wann weiß man, dass ein Text fertig ist? Nach 10 Seiten, 10 000 Wörtern oder 400 Seiten?
Die Erfahrung dazu ist simpel, dennoch weiß ich, dass die Umsetzung nicht so einfach ist: Das Ende spürt man. Es kommt im kreativen Prozess von ganz allein. Dein Text spricht zu dir. Das klingt etwas irrational, ich habe es aber oft genauso erlebt.
Und hier eine Übung, mit der du das Ende „erfährst“:
Fertige ein Cluster zu einem Begriff deiner Wahl, oder nimm zur Übung einen Begriff, der das innere Kopfkino in Gang setzt : Frühling
Du schreibst ihn in die Mitte deines Blattes und ziehst einen Kreis außen herum. Stelle dir den Timer auf 5 Minuten. Füge unermüdlich weitere Worte zu deinem Anfangsbegriff. Und kreise sie jeweils ein und verbinde sie.
Wichtig:
- schreibe schnell
- ohne nachzudenken
- die Verbindungen müssen keinen Sinn ergeben
Vertraue völlig deinen Assoziationen. Wie unsinnig sie dir erscheinen mögen – darum geht es bei dieser Übung nicht. Du wirst nach 5 Minuten einen Begriff haben, über den du schreiben willst. Der Frühling war nur der Auslöser, nach diesen 5 Minuten assoziieren, kennst du deinen Begriff und hast auch schon Ansätze, was du dazu schreiben willst. Du hast ein „Ende“ für diese Übung gefunden.
Diese intuitive Klarheit tritt mit Gewissheit ein – manchmal schon nach 4 Minuten, du kannst dann aufhören. Wenn du es schaffst, dich ganz auf deine Assoziationen einzulassen, dich daran zu freuen, dann wird auch dieser eine Begriff zu dir kommen, um den es in diesem Moment gehen kann.
Merke dir das Gefühl. Merke dir, wie es sich anfühlt, diese plötzliche Klarheit nach 5 langen Minuten einfachen Aneinaderhängens von Wörtern und diese auch noch einzukreisen.
Genau so fühlt es sich an, wenn du weißt, dass dein Roman zu Ende ist.
Merke: Wenn das Wort „Ende“ unter deinem Text steht, heißt das nicht, dass deine Arbeit daran beendet ist. Dann kommt das Überarbeiten. Dabei fällt dir vielleicht auf, dass noch eine Szene fehlt – hier ist ein Übergang nicht nachvollziehbar, dort ist eine Szene zu lang … Das Überarbeiten ist ein eigener Schritt im kreativen Prozess.
Schreibprojekt abschließen: das Ende ruhen lassen
Wenn du das Wort „Ende“ geschrieben hast, dann kannst du dich ersteinmal zurücklehnen. Du schließt die Datei (natürlich nicht ohne sie zu speichern!!!). Du klopfst dir auf die Schultern. Jetzt lässt du den Roman oder den Text erstmal ruhen. Je nach Länge kann das daueren. So ein Artikel ruht mindestens einen Tag. Ein Roman von über 100 Seiten darf einen Monat ruhen oder mehr. So hast du beim Überarbeiten einen frischen Blick. Denn bevor du deinen Text in die Welt schickst, wirst du ihn Überarbeiten und Feedback einholen.